Da liege ich nun, mit meinem frisch operierten Fuß hochgelagert und dem Laptop auf dem Schoß und gucke schon seit 10 Minuten aus dem Fenster… Ich soll „was über Trainingstherapie“ schreiben.
An sich kein Problem. Wer mich kennt weiß, dass mir ein kleines Webinar schnell in eine dreieinhalbstündige Abhandlung entgleitet oder, dass ich meine Vorlesungen gerne mal überziehe, um genau zu diesem Thema meinen Physio- oder Osteo-Studenten noch mehr mit auf dem Weg geben zu können.
Wenn wir’s ganz genau nehmen, gibt es die EquiZeit Akademie genau deshalb, weil die Therapeuten-Ausbildungen in puncto „aktive Bewegungstherapie“ einfach viel zu wenig bis gar keine Praxiszeit veranschlagen. Deshalb bilden wirPferdegesundheitstraineraus!
„Gutes Training ist die beste Nachbehandlung.“ – da glaube ich fest dran, egal ob es sich damit um Prophylaxe durch Besitzer und Trainer oder eben um Trainingstherapie durch speziell geschulte Therapeuten und Trainer handelt.
Aber eben mal die „10 besten Tipps fürs Reha-Training DEINES Pferdes“ rauszuhauen, das ist einfach Quatsch.
Es braucht schon enorm viel Wissen und Können um ein gesundes Pferd gesunderhaltend zu trainieren – die ein oder andere besorgte Pferdebesitzerin seufzt hier gerade wehmütig. Um ein erkranktes Pferd durch gezielte Trainingstherapie-Maßnahmen erfolgreich durch eine Reha begleiten zu können, dazu braucht es wirkliche Profis. Um chronisch kranke Pferde durch Trainingstherapie so fit wie möglich zu halten, braucht es außerdem ein ganz spezielles Mindset.
Warum gebe ich also nicht – wie viele andere – einfach „Die beste Übung bei Spat/Sehnenschaden/Trageerschöpfung“ raus? Weil mich Click-Bait und Likes nicht interessieren (zum Leidwesen unseres Marketings 😉) und es nicht nachhaltig sein kann, völlig ungeschulten Menschen einzelne Übungen an die Hand zu geben.
Ich halte es sogar für fahrlässig – denn, wer sagt, dass die Diagnose richtig gestellt wurde? Wer sagt, dass es keine 2. Problematik gibt, bei der genau diese Übung eben kontraindiziert wäre? Einfaches Beispiel, wobei komplett unterschiedliche Maßnahmen indiziert sind: Arthrose der Zehengelenke vs. Sehenenproblematik (und dann noch: Fesselträger vs. OBS vs. TBS vs. Hufrollensyndrom vs. Unterstützungsband oder doch die Strecksehne?!)
Vieles, was dem Trageapparat guttut, stellt für erkrankte Pferdebeine aber eventuell eine Überlastung da. Und dann trainiert die motivierte Pferdebesitzerin mit ihrem „Trainingsplan Trageerschöpfung“ geradezu in den nächsten Sehnenschaden oder Spatschub rein.
Selbst wenn die Diagnose stimmt und es keine Nebenkriegsschauplätze gibt, wie steht es um das Wissen zu den Phasen der Wundheilung? Ab welchem Tag darf das Gewebe inwieweit gedehnt werden? Ab welcher Woche unebene Böden/Hindernisse/Trab/Wendungen/Sandböden/Galopp? Wie lange beträgt die Regenerationszeit von Sehnengewebe? Von Muskeln?
Zu früh zu viel, und schwubs, haben wir die Sollbruchsstelle geschaffen!
Zu spät und es hat sich eventuell extrem viel Narbengewebe gebildet oder der Gelenkknorpel ist durch die Unterversorgung zu dünn geworben – irreversible Vorgänge, die diese Strukturen für immer weniger belastbar machen können.
Zu lange in der Box gestanden und Atmung, Verdauung und Übergewicht bringen weitere gesundheitliche Probleme mit sich.
Zuletzt möchte ich ganz besonderes Augenmerk auf das Wissen zur Bewertung von Schmerzethogrammen (Horse Grimace Scale und Behaviors of the Ridden Horse in Pain) legen. Selbst bei Profis aus der Pferdegesundheitsbranche werden diese wissenschaftlichen Erkenntnisse noch viel zu wenig herangezogen, einfach weil sie noch kaum gelehrt werden. Dazu kommt, dass es enorm viel Übung braucht, um Schmerzmimik und Konfliktverhalten beim lebenden, atmenden, neben einem gehenden Pferd im Moment korrekt beurteilen zu können. Mit vielen verschiedenen Pferden, auch unbedingt verschiedener Rassen!
Denn wenn ich meinen Patienten nicht fragen kann, ob diese Steigerung der Trainingsanforderung weh tut, dann muss ich es ihm sofort ansehen können, um gegebenenfalls wieder einen Schritt zurück gehen zu können. Einem Trainingstherapeuten stehen hier das Belastungsmuster im Stand, die Ganganalyse zur Lahmheitsbewertung, die Mimik sowie die Gestik des Pferdes und die Vitalwerte (Puls, Atmung, Temperatur) zur Verfügung.
Steigere ich aus Angst das Pferd zu überfordern nie die Anforderungen im Training, wird das Pferd nicht mehr so belastbar wie es sein könnte.
Das heißt nicht, dass niemand sein Pferd durch die Reha begleiten kann, sondern einfach, dass ihr dringend Hilfe von einer gut ausgebildeten Trainingstherapeutin brauchen werdet, die euer Pferd kennt – es selbst regelmäßig befundet und behandelt, euch INDIVIDUELLE Trainingspläne schreibt und sie immer wieder anpasst, euch die zu genau diesem Zeitpunkt in der Genesung dieses Pferdes sinnvollen und passenden Übungen live zeigen kann und euch dabei hilft, Ganganalyse und Schmerzniveau eures Patienten kleinschrittig zu überwachen und korrekt einzuschätzen.
Ganz klar, das kann man alles lernen! Nur wendet euch im Akutfall erst einmal an jemanden, der das alles schon gelernt hat und erspart eurem Pferd damit unnötige Rückschritte oder Managementfehler, die unweigerlich aus Unwissenheit passieren.
Auch ich gehe zum Profi
Ich selbst bin zwar natürlich ganz aktiv involviert in meiner eigenen Reha, verlasse mich aber auf das Fachwissen, nicht nur der Chirurgen/Anästhesisten/Orthopäden, sondern auch auf meinen Humankollegen, der mich gerade ganz engmaschig mit Lymphdrainage und Krankengymnastik (Mobilisationen, Massagen, Dehnung) und ab nächster Woche (Phasen der Wundheilung!) auch mit aktiver Trainingstherapie, insbesondere Muskelkräftigung und Koordination, betreut.
Ich vertraue meiner Thai-Masseurin, die mich mit ihrem Wissen und Können aus der mir persönlich fremden östlichen Heilkunde unterstützt.
Auf dem Weg zurück in die Vollbelastung werde ich mir in den nächsten Monaten gezieltes Fitness Coaching und eine Gangschule gönnen, denn ich habe fest vor wieder auf 100% Belastbarkeit zu kommen und mein Leben so zu leben, wie es mich glücklich macht. Aktiv, auf meinen Füßen, mit den Pferden!
Love & Peace,
Eure Jenny
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